Predigt zu 1. Timotheus 3,16 am 24.12.2013

Gnade sei mit Euch und Friede, von Gott, unserem Vater und von unserem Herrn, Jesus Christus! AMEN

 

Text: 1. Timotheus 3,16

 

Liebe Gemeinde,

in dieser Nacht berühren sich Himmel und Erde. In dieser Nacht beginnt das radikal Neue und Andere. In dieser Nacht kommt der Himmel zur Welt. Die Hoffnung setzt sich fest im Gestein, Rosen blühen im Schnee, Löwen und Lämmer können zusammen liegen. Friede wird proklamiert von den Engeln, den himmlischen Wesen.

Hirten, die sonst keiner sehen will, werden angesehen von Gott selbst und erfahren zuerst die beste Botschaft der Welt: Euch ist heute der Heiland geboren!

Und wir sitzen hier zusammen in unserer Kirche/ Hauskapelle bei Krippe und Lichterbaum und erwarten viel und erhoffen viel, darum sind wir da, haben den Weg gemacht, den ganzen Tag darauf abgestimmt, die Hektik in Kauf genommen, das Fest vorbereitet und jetzt ist es soweit. Euch ist heute der Heiland geboren! Ja, wirklich, der, der heil macht. Ihr alle seid gekommen, um von diesem Heiland zu hören und ihn dann mit Euch nach Hause zu nehmen in Euren Herzen, um ihn hinauszutragen aus unserer Kirche unter die Menschen, so wie die Hirten damals, die die Geschichte weiter erzählt haben. Warum hat gerade diese Geschichte unser Herz bezwungen, warum zwingt sie uns immer wieder hierher, um sie von neuem zu hören, um immer wieder von ihr zu singen und zu sagen und sie uns sagen zu lassen?

Das alte Lied aus dem 1.Timotheusbrief kann uns diese Frage beantworten. Die ersten Christengenerationen haben darin zusammengefasst, was der Gottessohn für uns Menschen bedeutet. Bei seiner Geburt, da geht es um nichts anderes als um uns und unseren Gott. Da geht es um unser eigenes Menschsein in all seinen Höhen und Tiefen. Da geht es darum, dass Menschsein nie ohne Gott ist, dass also kein Mensch ohne Gott in diese Welt geboren wird und auch keiner ohne Gott hinaus muss.

Gott wird Mensch! So singt das alte Lied aus dem Timotheusbrief:

Er ist offenbart im Fleisch! Alle Eltern hier können sich das vorstellen, wie das wohl gewesen sein muss, damals in Betlehem. Die hochschwangere Maria, die einen Gewaltmarsch von drei Tagen hinter sich bringen muss, dann keine anständige Unterkunft bekommt und in einem Stall niederkommt. Das war sicher gar nicht so romantisch, wie wir es in dem Lied Stille Nacht zu singen gewohnt sind, sondern eher gefährlich für eine Wöchnerin und ihr Kind unter den hygienischen Verhältnissen eines Stalles eine Geburt zu überstehen. Jede schwangere Frau wünscht sich das anders. Gott sucht sich für seinen Sohn einen Stall aus, um auf die Welt gebracht zu werden. Gott geht dahin, wo es arm zugeht. Er beugt sich tief hinab, so tief, dass kein Mensch sagen kann, er sei nicht mitgemeint gewesen bei dieser Geburt! Und da kommt der Herr der Welt als kleines Baby zur Welt. Ihr wisst alle, dass das eine schmerzhafte und anstrengende Sache ist, so eine Geburt, eine blutige auch. Leben und Tod liegen da unter Umständen nahe beieinander. Gott kommt zur Welt als ein Mensch aus Fleisch und Blut. Er muss gewaschen und gestillt werden. Er macht sich abhängig von der Fürsorge zweier Menschen: Maria und Josef. Gott gibt sich in die Hände von Menschen. Ganz genauso kam jeder von uns in dieses Leben, so klein und hilflos und schwach und abhängig mit einem so verletzlichen, sterblichen Leib. Und eben dieser vergängliche Körper ist Gott nicht zu gering, um gerade darin den Christus offenbar zu machen, der alles wenden kann und wenden wird. Alle, die ihr krank seid, deren Leib dem Tod geweiht ist, seht und hört: Christus ist offenbart im Fleisch.

Er ist der Erfahrung von Schmerzen und Tod nicht aus dem Weg gegangen, sondern ist da hineingegangen mit so bangem Herzen wie wir auch und mit all der Angst, die uns befällt, wenn der Tod nach uns greift oder nach denen, die wir lieben. Er ist offenbart im Fleisch, das heißt, dass Jesus so ganz und gar Mensch war, wie einer von uns. Er hat am Anfang seines Lebens Windeln gebraucht und später hat er ein Unter- und ein Obergewand getragen, das letztere an einem Stück gewebt, vielleicht von Maria. Unter dem Kreuz haben sie es zerteilt. Seinen Leichnam hat Josef von Arimathäa in Leinentücher gewickelt, ganz so, wie es damals üblich war. Aber bei alle dem, worin Jesus ganz wie ein Mensch gelebt hat, war doch die Herrlichkeit Gottes immer wieder am Durchscheinen, nämlich auf dem Berg der Verklärung, wo Jesu Kleider zu leuchten anfingen und ihn die Herrlichkeit Gottes umfing, kurz bevor er ans Kreuz ging. In Christus verbinden sich Gott und Mensch miteinander. Der Himmel kommt zur Welt und die Welt zum Himmel. Gottes Herrlichkeit scheint durch, dort wo Jesus der Krankheit gebietet und dem Tod und sich als stärker erweist, zeichenhaft nur, wenige Male, aber doch so, dass wir verstanden haben, wer er ist und was Gott mit uns und dieser Welt noch vorhat: Nicht den Tod, sondern das Leben! Und die, die es begreifen, die fangen an zu loben: Er ist offenbart im Fleisch, aus dem Tod geholt von Gott und ins Recht gesetzt mit seiner Liebe zu Gott und den Menschen.

Gott hat Ja dazu gesagt, dass er Vergebung und Versöhnung lebte und den Frieden mit den Feinden bis in den eigenen Tod. Eine menschliche Art, das Leben zu leben hat Gottes Ja bekommen. Und in dem Menschenleben Jesu spricht Gott ein ganzes, tiefes Ja zu unserem Menschenleben. Er setzt sich der Welt aus, so wie wir ihr ausgesetzt sind, all den Erfahrungen, die wir machen und machen müssen in diesem Leben; Liebe und Glück, Leid und Tod, gegenseitige Fürsorge und Verlassenwerden, Erfolg und Scheitern, Aufblühen und Vergänglichkeit. Gott geht hinein in unsere Erfahrung wie brüchig und gefährdet das Leben oft ist, wie unvollkommen es bleibt und wie manche Träume und Sehnsüchte auf der Strecke bleiben. Gott selber weicht dem Tod nicht aus und dem Zerbrechen des Leibes. Gott geht überall da hinein. Aber gerade weil er das tat, ist nichts beim Alten geblieben, auch wenn es immer noch so aussieht und weiterhin gelitten und gestorben wird auf dieser Welt. Was Weihnachten zu Weihnachten macht ist unser Glaube, dass das Krippenkind, das am Holz starb, auferweckt ist von den Toten und so die ganze menschliche Geschichte geheimnisvoll hineingestellt hat in den Glanz  und unter den Segen Gottes, und wir bei aller Brüchigkeit und Zerbrechlichkeit aufgehoben werden in einer viel größeren Liebe, die uns verlässlich trägt.

Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh, da sind sie , die Hirten und sie staunen zuerst darüber, dass Gott sie ansieht, in ihrer Armseligkeit und dann staunen sie über das Kind, das ihr Leben mit all seinen Mühen und Sorgen hineinstellt in den weiten Horizont der Liebe Gottes. Und sie spüren, dass es auf geheimnisvolle Weise mit diesem Kind zusammen eine gute Zukunft für sie gibt, trotz allem, was schwer bleiben wird. Und da sind sie, die Engel, denen dieses Kind erscheint als Gottes Rettung für seine Menschheit. Sie dürfen es verkündigen und singen das Lied von Leben und Frieden auf den Feldern von Bethlehem in jener Nacht. Und die Hirten glauben, was da zu ihnen gesagt wird und finden das Kind. Erschienen den Engeln, gepredigt den Völkern,- so singt das Lied aus dem Timotheusbrief weiter von dem, was Gott ins Werk setzt zum Heil der Welt, was die Engel zuerst schauen durften, das Geheimnis von Gottes Menschwerdung. Den Völkern der Welt wird es gepredigt. Damals schon, als die ersten Christen unser Lied zu Papier brachten, machten sie die Erfahrung, dass die Botschaft von Gottes Menschwerdung Glauben fand unter den Menschen auf der ganzen Welt, nicht nur in Bethlehem bei den Hirten. Auch der Evangelist Matthäus erzählt davon, als er die Weisen aus dem Osten zur Krippe kommen lässt. Sie folgen einem besonderen Stern, der ihnen den Weg weist. In ihnen sieht das Evangelium die Vertreter aller Völker, die zu Christus kommen und glauben. Sie folgen dem Stern und sie folgen dem Ziehen des Heiligen Geistes. Wer hat sie heute Abend hierher gezogen? Vielleicht die Sehnsucht es noch einmal zu hören: Du bist mit deinem Menschenleben geborgen in der Liebe  des menschgewordenen Gottes. Fürchte dich nicht! Auch das ist ein Geheimnis, wie die Botschaft von dem Kind Menschen verwandelt und beglückt immer von Neuem. Gott mit uns in diesem Leben und bis in unser Sterben und in unseren Tod, - mit dieser Botschaft kann einer leben und auch sterben. Dass dieses Leben nicht in Nichts endet, sondern ein gutes Ziel hat, dass es Sinn macht, trotz all der Erfahrung von Nichtigkeit und Leid, die wir Menschen machen müssen, das tröstet und lässt uns ahnen, dass unser Leben durch dieses Kind schon hineingenommen und gerettet ist in ein Haus aus Licht, ehe wir sterben.

Als meine Kinder klein waren und am Heiligen Abend die Bescherung kaum mehr erwarten konnten, habe ich sie nachschauen geschickt, ob das Christkind schon Goldstaub von seinen Flügeln auf unserer Treppe verloren habe. Ich weiß eigentlich gar nicht so recht, wie ich drauf kam, denn meine Mutter hat mir das nie erzählt. Jetzt denke ich mir bei diesem Lied aus dem Timotheusbrief, dass ich das Geheimnis des Glaubens in diesen Goldstaub gepackt habe. Himmlischer Glanz fällt auf unser Menschenleben und durchdringt es, durchwirkt es so, dass wir Gottes eigen werden. Und während das Gotteskind in der Krippe liegt, mache ich mein Herz weit auf und lasse es ein mit seiner guten Botschaft und das alte Lied aus dem Timotheusbrief singt mir vor:

Einmal wirst auch du offenbar werden vor Gott mit deinem Leben, und er wird es vollenden und recht machen.

Die Engel Gottes werden sich an dir freuen und du wirst aufgenommen zu Christus in seine Herrlichkeit. Ich wünsche Euch allen einen Weihnachtsengel, der Euch das immer wieder ins Ohr sagt: Fürchte dich nicht, du bist ja geliebt, du bist ja hineingeliebt in das Geheimnis von Gottes Heil. Josef hat im Traum so einen Engel gehört, der ihm Mut machte, bei Maria zu bleiben, obwohl das Kind nicht sein Kind war. Der Engel machte ihm Mut, sein Leben und die Aufgabe, die Gott ihm stellte anzunehmen. Vielleicht haben Sie das auch schon erlebt, dass plötzlich Trost und Gewissheit Ihr Herz erfüllte und Sie Ihren  Weg getrost weitergehen konnten. Gott ist in dabei auf unserer Menschenlebensreise! Geheimnis des Glaubens!

Ich will darauf vertrauen mit den Engeln, Hirten und Weisen und all denen, die es mir bezeugen.

 

AMEN

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