Text: Gn 16,1-6
Liebe Gemeinde,
ein neues Jahr liegt vor uns wie ein unbeschriebenes Blatt! Halt, Moment, wenn wir in unsere Terminer schauen, da steht dann doch schon manches drinnen, was wir vor uns haben! Für manche sind es vielleicht Feste, auf die sie sich freuen. Für manche vielleicht Arzttermine, vor denen sie sich fürchten. Und niemand weiß, wie es mit dem Krieg weitergehen wird, ob er beendet werden kann, ob er Fahrt aufnehmen wird? Nur eins ist sicher: Wir werden uns selber und unsere Freuden und Sorgen ins neue Jahr mitnehmen. Und wir nehmen auch unseren Glauben mit, darum sind wir ja heute Abend hier, weil wir von Gott etwas erwarten. Wir hoffen, dass er uns ansieht, dass er uns und unser Leben im Blick hat! Dass er uns wahrnimmt, wie eine Mutter ein Auge auf ihr Kind hat. Die Jahreslosung für 2023 ist das Bekenntnis der Hagar, der Magd Sarais. In ihrer schrecklichen Lage erlebt sie: „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ Hagar hat das positiv erlebt, Gott, der mein Elend ansieht und mir heraushilft.
Früher sagte man den Kindern: Der liebe Gott sieht alles und das war als Drohung gemeint. Denn wenn Gott alles sieht, dann sieht er auch, was ich anstelle! Also stelle ich besser nichts an, denn die Strafe folgt dann sicher auf dem Fuß. Dabei konnte nicht unbedingt ein positives Gottesbild in einer Kinderseele entstehen.
Hagar aber meint ihr Bekenntnis positiv. Gott hat sie freundlich, aufmunternd, stärkend angesehen, so nach der Art: Du schaffst das!
Aber was ist Hagar denn zugestoßen? Hagar ist eine junge Frau aus Ägypten. Sie ist Sarais Sklavin. Sie hat nichts zu melden. Ihr Name bedeutet Flucht oder Fremdling. Sie muss tun, was ihre Herrin will. Und jetzt soll sie Leihmutter werden für Sarai. Sarai gibt sie ihem Mann Abram. Und Hagar wird schwanger anstelle Sarais. Wird das Kind dann auf dem Schoß der Herrin geboren, ist es ein rechtmäßiges Kind von Abram. Das war damals geltendes Recht und nicht unüblich oder unmoralisch. Und tatsächlich, Hagar wird schwanger. Ihr könnt euch denken, dass das nicht gutgehen konnte. Die beiden Frauen demütigen sich gegenseitig und Hagar flieht vor Sarai in die Wüste. Dort findet sie der Engel des Herrn an der Quelle auf dem Weg nach Schur. Und er nimmt mit Hagar eine Standortbestimmung vor. Er fragt sie nämlich:
Woher kommst Du?
Wohin willst Du?
Hagar weiß nur: Ich bin vor meiner Herin Sarai geflohen. Ich hab´s bei ihr nicht mehr ausgehalten. Und jetzt weiß ich nicht wohin.
Entscheidende Menschenfragen! Ich komm, weiß nit woher. Ich geh, weiß nit wohin. Mich wundert, dass ich fröhlich bin! Weiß ich denn, woher ich komme? Aus dem Jahr 2022. Was hat es mir beschert an Gutem, an Leid an Langeweile? Bin ich mich selbst gewesen oder habe ich bloß funktioniert, ein Fremdling im eigenen Leben? Wo bin ich wirklich selbst vorgekommen in meinem Leben? Wovor bin ich geflohen wie Hagar, am Ende vor mir selbst, vor meiner Familie? Und wohin will ich? Was ist mein eigenes Leben?
Manchmal sind wir richtig hilflos und sehen keinen Weg in die Zukunft. Da springt der Engel des Herrn für Hagar ein und weist ihr den Weg. Es ist schlussendlich Gott selbst, der ihr sagt: Geh wieder zu Deiner Herrin, Sarai, zurück. Nur so kannst Du überleben. Aus dem Sohn, den Du zur Welt bringen wirst, wird ein großes Volk werden. Der kleine Ismael wurde der Stammvater aller Araber. Sein Name bedeutet: Gott hört! Er sieht nicht nur, er hört uns auch! Sein Vater Abram war 86 Jahrer alt, als er geboren wurde.
Auch Abram und seine Frau Sarai haben von Gott erwartet, dass er sie ansieht und sein Versprechen hält. Und das ist ja wohl von Gott zu erwarten, dass er seine Verheißungen wahrmacht. Nun hatte Gott dem Abram und der Sarai Nachkommen versprochen. Ein großes Volk wolle er aus ihnen machen und Segen solle durch dieses Volk über alle Menschen kommen.
Für diese Verheißung haben Abram und Sarai ihre Heimat in Mesopotamien, im heutigen Irak verlassen und sind aufgebrochen in ein fremdes Land. Aber Sarai bekommt kein Kind, nicht einmal eines. Kennt ihr das, wie das ist, wenn sich Lebenshoffnungen nicht erfüllen? Wenn einfach nicht kommt, was ich so sehnlich erwarte? Wenn mir dieses Warten zur Glaubensanfechtung wird, weil ich von meinem Gott anderes erwartet hätte, nämlich dass er eingreift, dass er mir weiterhilft und dann geschieht einfach nichts! Und manchmal ist es die Entscheidung, ob vielleicht mein eigenes Handeln gefragt ist, oder die Geduld des Wartens bis Gott etwas reifen lässt, was dann von selbst geschehen muss.
Sarai jedenfalls hatte irgendwann das Warten satt und beschloss, der Verheißung Gottes ein wenig nachzuhelfen. Sarai gibt Hagar, ihre Sklavin ihem Mann Abram. Und Hagar wird schwanger anstelle Sarais. Wird das Kind dann auf dem Schoß der Herrin geboren, ist es ein rechtmäßiges Kind von Abram. Das war damals geltendes Recht und nicht unüblich oder unmoralisch. Und tatsächlich, Hagar wird schwanger. Ihr könnt euch denken, dass das nicht gutgehen konnte. Die beiden Frauen demütigen sich gegenseitig und Hagar flieht vor Sarai in die Wüste. Dort findet sie der Engel des Herrn an der Quelle auf dem Weg nach Schur und rettet ihr das Leben. Darum heißt die Quelle danach: Brunnen des Lebendigen, der mich sieht.Nun hat zunächst Hagar ein Kind und die Verheißung, ein Volk zu werden und Abram und Sarai müssen wieder warten, denn Gott teilt Abram mit, dass der Sohn der Hagar nicht der Sohn der Verheißung sei, den Gott schenken werde. Du bist ein Gott, der mich sieht! Will Gott denn Abram und Sarai nicht auch ansehen? Wie schlimm ist das, wenn Menschen den Eindruck haben, Gott sieht mich nicht. Ich bin ihm gleichgültig. Abram und Sarai geben irgendwann die Hoffnung auf und Abram denkt schon darüber nach, alles, was er besitzt, seinem Knecht Elieser zu vererben. Aber dann bekommen Sarai und Abram Besuch von drei geheimnisvollen Männern, die Sarai ankündigen, sie werde übers Jahr einen Sohn haben. Sarai muss herzlich darüber lachen, denn sie ist inzwischen schon alt. Aber als Abram 100 Jahre alt ist, da bringt Sarai tatsächlich ihren Sohn Isaak zur Welt. Gott hat sie doch angesehen und macht seine Verheißung wahr. Manchmsal ist das so im Leben: Wenn wir uns abgemüht haben bis zum Gehtnichtmehr und alles fruchtlos war und wenn wir dann loslassen und sagen: Dann halt nicht – dann gehen plötzlich Türen auf. Und doch denke ich mir so: Es ist für alte Menschen doch eine Zumutung, ein kleines Kind aufzuziehen. Die Kraft dazu ist doch nicht mehr da! Abram und Sarai hat es wohl beflügelt. Sie haben es geschafft. Man wächst ja mit seinen Aufgaben, heißt es.
Nun brechen wir auf in ein neues Jahr, vielleicht einige von uns in ganz neue Lebensabschitte.Wir nehmen Hagars Bekenntnis mit und vertrauen darauf: Du bist ein Gott, der mich sieht und mit mir geht.
AMEN