Predigt zu 1. Petrus 4, 7-11 am 17.08.2014

Gnade sei mit Euch und Friede, von Gott, unserem Vater und von unserem Herrn, Jesus Christus!

AMEN

Text: 1.Petrus 4, 7-11

Liebe Gemeinde,

wenn Sie nicht mehr viel Zeit hätten, wenn das Ende kurz bevor stünde, was würden sie tun wollen? Was wäre ihnen wichtig? Wenn Menschen das gesagt bekommen, dass sie nicht mehr viel Zeit haben, dann verändert das auf jeden Fall ihr Leben komplett. Die Frage stellt sich dann unerbittlich: Was ist wesentlich? Was ist wirklich nötig?

 

Das Schlimme ist, dass wir modernen Menschen eigentlich immer in dem Bewusstsein leben: Ich habe nicht viel Zeit! – auch wenn wir kerngesund sind. Ich muss in meine kurze Lebenszeit alles, was man nur erleben kann, hineinpacken, denn die Zeit ist viel zu kurz, um alle Möglichkeiten, die sich mir bieten, auszuschöpfen. Wir leben so, weil den meisten von uns die Dimension der Ewigkeit verloren gegangen ist. Nach diesem Leben kommt für viele nichts mehr. Darum muss immer etwas laufen. Darum muss man sich ständig selbst inszenieren und so erfolgreich wie möglich sein, damit sich dieses verflixt schnelle Leben am Ende auch gelohnt hat. Das Dumme ist nur, dass bei diesem Lebensstil das Leben auf der Strecke bleibt. Niemand hat Zeit, wirklich zu leben, einmal den Wolken nachzuschauen oder dem Wald zuzuhören oder sich von Herzen einem anderen Menschen zu widmen.

Den Christen in Kleinasien um die Zeit 60 nach Christus, war die verbleibende Zeit knapp, weil sie die Wiederkunft Jesu Christi in aller Bälde erhofften. Ihnen schreibt der Apostel Petrus, weil sie sich in schwieriger Lage befanden. Wegen ihres Glaubens wurden sie angefeindet. Sie hatten sich nach ihrer Taufe einen anderen Lebensstil zugelegt, machten nicht mehr mit bei wilden Gelagen und Festmählern für die Götter, prassten nicht mehr mit und betranken sich nicht mehr. Die andern konnten diese Kehrtwendung um 180°, die da geschehen war, nicht begreifen und fingen an, sich über die Christen lustig zu machen. Eine natürliche Reaktion, wie Petrus ihnen erklärt, aber die gilt es durchzustehen. Es ist normal, dass einem Christen das passiert. Der Christusglaube provoziert Menschen, die nicht an Christus glauben. Das ist für die, die glauben oft ein Leiden, das zum Glauben dazugehört. Manchmal sehe ich ein wenig Mitleid auf den Gesichtern von Menschen, die zu uns in den Gottesdienst kommen, weil eine Hochzeit oder eine Taufe gefeiert wird. Glaubt die Pfarrerin da vorne das wirklich, was sie uns da erzählt? Solche Blicke sind zu ertragen. Der Gottesdienst ist öffentliche Wortverkündigung, nicht die Versammlung der Eingeweihten. Jesus hat uns nicht versprochen, alle seine Hörer würden dem Evangelium zustimmen. Das muss man wissen!

Petrus jedenfalls kommt in seinem Brief immer wieder auf die Hoffnung zurück, von der Christen leben. Er schreibt seinen Lesern: „ Freut euch darüber, dass ihr um Christi willen leidet; dann werdet ihr auch mit ihm jubeln und euch mit ihm freuen, wenn er in all seiner Herrlichkeit wiederkommt.“ (1. Petrus 4, 13) Diese Wiederkunft erwartet er in naher Zukunft. Die Zeit ist kurz bis dahin in seiner Vorstellung. Er wusste ja nicht, dass wir fast 2000 Jahre später noch immer darauf warten würden! Manchmal komme ich mir auch seltsam vor, wenn ich das ausspreche im Glaubensbekenntnis: Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten! Wann wird das sein? Wann endlich? Gerade jetzt könnte die Welt wieder einmal ihren Herrn ganz gut brauchen, bei all dem Chaos und Elend, das gegenwärtig herrscht.

Aber was hält der Apostel nun für wichtig, angesichts der knapp werdenden Zeit bis zur Wiederkunft Jesu? Und wir können die Frage ruhig auch so stellen:

Was ist wirklich wichtig in meiner begrenzten Lebenszeit? Was muss unbedingt geschehen und was kann ich getrost auch lassen?

Hören wir die Antwort des Petrus: 1.Petrus 4, 7-11

Petrus rät der Gemeinde zusammenzuhalten, sich gegenseitig zu unterstützen und so ein Netz zu schaffen, das hält und jeden tragen kann. Er denkt genau andersherum als wir. Er sagt: Kümmere dich um deine Gemeinde, damit ihr gemeinsam stark seid! Er sagt nicht: Liebe Gemeinde, kümmere dich um jeden einzelnen! Vielmehr, wenn jeder das tut, wozu er die Fähigkeiten hat, dann ist allen geholfen. Zum einen, weil jeder gebraucht wird und deshalb seine sozialen Kontakte hat und nicht isoliert und einsam bleibt und zum anderen, weil durch den persönlichen Einsatz jedes Einzelnen eine  funktionierenden Gemeinschaft entsteht.

Petrus zeichnet hier das Bild einer Gemeinschaft, die nicht im Trend der Gesellschaft liegt und dem Zeitgeist verfällt, sondern die Alternativen lebt: Gebet, Liebe, Gastfreundschaft, Begabungen füreinander einsetzen und Lob Gottes!

Allerdings scheint es auch nötig gewesen zu sein, die jungen christlichen Gemeinden an diese Werte zu erinnern. Aber welche Gemeinde braucht das nicht, dass sie immer wieder von neuem sich an Jesu Worten und Taten  ausrichtet bis er kommt! Jesus selbst war ein Beter. Es wird berichtet, dass er Nächte durchwacht und gebetet hat. Petrus sagt hier schlicht: Seid besonnen und nüchtern in allem, was chaotisch ist in dieser Welt, was euch bedrängt und unruhig macht und betet! Was hilft das Beten denn? Beten lässt aufatmen! Zunächst einmal nehmen wir uns beim Beten heraus aus aller Aufregung und Verwirrung und Planlosigkeit und kommen wieder auf den Boden der Tatsachen. Wir nehmen uns selber heraus aus dem Getriebe und gehen  in die Stille vor Gott. vor ihm breiten wir aus, was uns bedrängt. Vor ihm sortieren wir ganz nüchtern die Dinge. So gewinnen wir vor seinem Angesicht Distanz zur Welt und den Problemen, die wir zu lösen haben, auch Distanz zu den Lasten, die wir zu tragen haben oder zu den Menschen, die uns nicht wohlgesonnen sind. Das alles legen wir Gott vor die Füße. Vor ihm rücken sich die Dinge meistens ins rechte Licht, zeigen sich gangbare Wege oder kommt uns die Kraft zu, das Chaos so lange zu ertragen, bis es sich lichtet. Betende Menschen gewinnen Belastbarkeit und Geduld. Sie können andere noch mittragen. Das Gebet rückt auch unsere begrenzte Lebenszeit ins rechte Licht. Wir lernen Dankbarkeit für unsere Lebenszeit und können ihre Dauer Gott überlassen, ohne aus Angst  vor dem Tod zu rotieren. Was ist wichtig im Leben, ganz gleich wie lange wir Zeit dazu haben? Petrus ist sicher: Die Liebe! Und so rät er seinen Gemeinden: Habt einander herzlich lieb! Das gilt sicher nicht nur für die Gemeinde, sondern auch für unsere Familien und Ehen. Die Liebe ist das einzige, was zählt im Leben. Was kann ein Mensch nicht alles ertragen, wenn er weiß, dass er geliebt wird, auch nur von einem einzigen Menschen! Die Liebe lässt Menschen in schwierigen Zeiten hoffen. Die Liebe ist so stark, dass sie Sünden tilgt und verzeiht. Die Liebe erlaubt, dass der andere sich mir zumutet, sich von meiner Kraft nehmen darf. Ich stelle mir eine christliche Gemeinde vor als eine Gruppe von Menschen, die durch Jesus Christus zusammengehören und unter denen man sich sicher sein darf, dass man angenommen bleibt, auch wenn es einmal Streit oder Meinungsverschiedenheiten gibt. Einer traut dem andern zu, dass ein gemeinsamer Weg möglich bleibt.

Liebe ist für mich, einander die Türen offen zu halten! Und da sind wir auch schon bei der Gastfreundschaft! Offene Türen füreinander zu haben ist wichtig. Damals waren reisende Christen darauf angewiesen, dass sie bei anderen Christen  unterkommen konnten. Das war so üblich in der altorientalischen Gesellschaft, dass man die Gäste mit Essen und Trinken und Schlafstatt versorgte , natürlich gratis. Scheinbar ist das auch oft ausgenutzt worden und die Gastfreundschaft erlahmte dann aus Ärger. Aber Petrus ermahnt: Schüttet doch nicht wegen der schwarzen Schafe unter den Gästen das Kind mit dem Bad aus! Ihr braucht einander doch. Inwiefern? Ohne Gäste ist ein Haus einsam. Romano Guardini sagt: „Das ist aller Gastfreundschaft Sinn, dass einer dem andern Rast gebe auf der großen Wanderschaft zum ewigen zuhause.“ Ja, es tut nämlich gut, einander Anteil am jeweils eigenen Leben zu geben und am je eigenen Glauben. So lernen wir voneinander und stärken einander. Auch in der Gemeinde sind offene Türen etwas Schönes. Denn wir brauchen alle immer wieder einen Ort, wo wir willkommen sind und wo man uns zuhört. Zuhören können, das ist auch eine Gottesgabe, die ihr nicht unterschätzen solltet. Zuhörende Menschen sind ein Segen unter uns. Durch sie finden andere sich selbst wieder. Und mit all den andern Begabungen, mit denen Gott uns Menschen ausgerüstet hat, dürfen wir Leben gestalten und feiern. Wer seine Gaben einsetzt, ist nicht mehr allein und macht andere fröhlich. Das lohnt sich in diesem kurzen, schnellen Leben. Da hat man dann wirklich gelebt. Alles, was wir tun, ob wir in der Gemeinde Diener am Wort Gottes sind oder ob wir diakonisch tätig sind und Gruppen leiten oder Tische decken und Kaffee kochen, ob wir Verwaltung machen oder andre besuchen, alles soll aus der Kraft getan werden, die Gott gibt und in seinem Geist. Und in allem, was wir tun und durch alles, soll Gott gepriesen werden. Das ist der Sinn unseres Lebens, in all seiner Flüchtigkeit, dass Gott gepriesen werde, so wie ihn die ganze Schöpfung preist und der Schrei jedes Neugeborenen und jeder geschlüpfte Schmetterling! Und wir gehören in seinen Plan mit der ganzen Schöpfung und sind ihm wertvoll. Unsere Zeit steht in seinen Händen und das Ende aller Dinge auch. Es ist genug, wenn unser kurzes Leben ihn preist. Mehr brauchen wir nicht. Das ist genug. Wir haben die ganze Ewigkeit vor uns, um zu leben bei Christus, dem unsere Liebe gehört. Er wird unser Leben vollenden. Wir müssen es nicht schaffen!

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