Predigt an Heilig Abend 2019 zu Lukas 1, 30-33

Gnade sei mit Euch und Friede, von Gott, unserem Vater und von unserem Herrn Jesus Christus!

AMEN

Liebe Gemeinde,

nun haben wir es geschafft. Die Weihnachtsvorbereitungen liegen hinter uns. Jedes Jahr kommt Weihnachten doch „ziemlich überraschend“ und bringt uns am Schluss doch noch in Eile. Jetzt brennen die Lichter am Baum, jetzt tauchen wir ein in festliche Musik (und haben uns am Krippenspiel der Kinder gefreut.) Und wenn wir Glück haben, dann ist unser Herz nun schon ein wenig geöffnet für das Kind in der Krippe und wir können auf die Worte der Verheissung hören.

Mit dem Kind in der Krippe kommen nämlich uralte Verheissungen an das Volk Israel zum Klingen, zum Beispiel die aus Hesekiel, dass Gott seinem Volk aus dem Geschlecht des Königs David einen Hirten erwecken wird und dass dieser Hirte für immer ihr König sein und seine Herrschaft eine Herrschaft des Friedens sein wird.

Der Erzengel Gabriel greift die alte Verheissung wieder auf. Als er Maria die Geburt des Jesuskindes ankündigt, da sagt er: „Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, den sollst du Jesus nennen. Der wird gross sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott, der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird über das Haus Jakob ewig König sein.“ ( Lukas 1,30b-33)

Das Jesuskind wird in eine altbekannte Familie hineingeboren. Es ist die Familie des Königs David. Josef, Marias Verlobter, ist ein Nachkomme des Königs David. Darum sagt der Engel auch: Gott wird dem Jesuskind den Thron seines Vaters David geben. Und so wie der König David über ganz Israel und also über alle Nachfahren Jakobs, geherrscht hat, so wird das Königskind Jesus auch über ganz Israel herrschen und nicht nur das. Auch die anderen Völker werden zu seinem Licht hinziehen und teilhaben am Friedensreich. Mit dem feinen Unterschied, dass das Königreich dieses Kindes nicht untergehen wird, wie das Davids, sondern ewig Bestand haben wird.

Maria hat die Worte des Engels Gabriel sicher lebenslang im Ohr gehabt: Der wird gross sein und Sohn des Höchsten genannt werden!

Und dann kam alles so anders, gleich schon am Anfang! Sie musste den neugeborenen König in einen Futtertrog legen, weil sie sonst keinen Raum in der Herberge in Bethlehem hatten. Vermutlich hatte sie sich die Geburt ihres Sohnes etwas anders vorgestellt. Nicht so armselig und so alleingelassen von Gott und der Welt, wenn er doch ein Königskind war!

Und wären dann die Hirten nicht gewesen, die Maria und Josef Wundersames berichteten, nämlich dass sie den Lichtglanz der Engel gesehen hätten und die Botschaft von ihnen vernommen hätten:

Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch grosse Freude, die allem Volk widerfahren wird, denn euch ist heute in der Stadt Davids der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr – wären die Hirten nicht gewesen, vielleicht wäre selbst Maria irre geworden an dem, was Gott ihr gesagt hatte von diesem Kind. So aber behielt sie alle diese Worte ihrem Herzen.

Oftmals kommt es ja auch in unserem Leben ganz anders als wir es uns wünschen und als wir es erwarten. Manchen von Euch fehlt heute ein lieber Mensch, der euch nicht besuchen kommen kann wie geplant oder noch schlimmer, der gar nicht mehr da ist. Manches ist auch heute schon schiefgegangen, stimmungstechnisch in unseren Familien. Immer, wenn wir es besonders schön machen wollen, geht auch besonders viel schief, weil wir uns so einen Druck machen, dem wir dann nicht gewachsen sind.

Für Maria und Josef war der Tag der Geburt Jesu wirklich auch kein Festtag, sondern da ging einiges daneben. Stellt euch nur mal vor, wie das für einen werdenden Vater wäre, wenn er seine Frau zur Geburt nicht unter ein sicheres Dach bringen könnte. Schon als er geboren wird, lässt sich Jesus ganz auf alle menschlichen Schwierigkeiten ein und erträgt sie und durchlebt sie so wie wir das auch müssen. Da war nicht viel zu spüren von einem Königskind. Da gab es keinen Luxus im Stall von Bethlehem. Da galt es, eine Geburt zu überstehen.

Aber die Hirten waren da, wie von Gott selbst geschickt, vielleicht um Maria und Josef darin zu bestärken, die Verheissung des Engels auch weiterhin ernst zu nehmen. Wenig später schon ist die junge Familie auf der Flucht und braucht Asyl in Ägypten, weil der König Herodes dem neugeborenen Königskind nach dem Leben trachtet. Er will sich seinen Thron nicht streitig machen lassen. Positiv gewendet heisst das aber auch: Er nahm die alten Verheissungen eines Nachkommens Davids, der ihn hätte stürzen können, todernst.

Maria, Josef und Jesus jedenfalls befinden sich auf der Flucht nach Ägypten. Ihr wisst ja selbst wie mühsam es ist, ein kleines Kind auf eine Reise mitzunehmen, aber fliehen! Unvergesslich ist mir das Foto eines Flüchtlings, der sein Kleinkind in einem Koffer trägt.

Das Jesuskind, der Friedenskönig stellt sich dieser menschlichen Realität und erlebt das mit allen, die es leiden.

Hilft uns das, fragt ihr vielleicht? Warum benutzt dieses göttliche Königskind nicht einfach mal seine Macht und schafft alles Unrecht und alle Not und alle Ängste einfach aus der Welt und wird wirklich unser Erlöser in dieser unserer Zeit, nicht erst in der kommenden Welt? Wie ist er denn der gute Hirte, das Licht der Welt und der Heiland, der uns heil macht?

Ich bin ja nun schon etwas älter und auch schon lange Jahre eure Pfarrerin und ich will euch sagen, wie ich mir das denke. Ich habe es immer wieder erlebt, dass Menschen, die diesem Jesu vertrauen für andere einstehen und zupacken, wo Not ist, trösten, wo Trauer ist, Geld geben, wo es nicht reicht, Kinder oder Alte hüten, damit die andern Familienmitglieder mal aufschnaufen können oder mit ihrem Wissen durch Ämterkram durchhelfen oder sonstiges Papierkramzeugs, was für manche Menschen unüberwindliche Berge bedeutet.

Sie tun es, weil sie es diesem Jesuskind abgeguckt haben und genau das tun, was sie denken, dass Jesus höchstwahrscheinlich da täte.

Und überall dort, wo die Jesusleute handeln, beten und glauben, da keimt ein Stück des Friedenreiches, das mit Jesus angebrochen ist. Gott schwingt keinen Zauberstab oben im Himmel, so dass uns hinterher das Gewünschte und Benötigte in den Schoss fiele. So macht Gott das nicht. Es geht immer mit rechten Dingen zu, wenn er seine Wunder tut. Und manchmal ist es ein Wunder, wenn eine kinderreiche Familie durch einen, der sich kümmert, eine Wohnung bekommt, oder ein Flüchtling einen Ausbildungsplatz. Gott braucht unsere Hände, unsere Füsse und unser Herz, damit sein Reich aufblüht an vielen Orten. Als das Jesuskind erwachsen war, da wurde er ein guter Hirte für die Menschen und mit ihm gingen wieder alte Verheissungen in Erfüllung: Blinde sehen, Taube hören, Lahme gehen und den Armen wird das Evangelium verkündigt!  Zu Jesus konnte jeder Mensch kommen und keinen wies er ab. Er nahm jeden wohltuend ernst und wandte sich ihm oder ihr zu. Ob nun jemand mit seinem kranken Kind zu ihm kam, dem kein Arzt helfen konnte, oder ob eine Ehebrecherin vor ihn geschleift wurde, immer sah Jesus das Leben, das leben will, den Menschen, der Hilfe braucht. Und die schenkte er. Der gute Hirte, der setzt sein Leben für die andern ein, so dass sie wieder leben können, ohne Krankheit, ohne Schuld und ohne Angst.

Wie Jesu Leben geendet hat, wissen alle hier. Er wurde von der religiösen Führungsschicht an die Römer ausgeliefert. Pontius Pilatus verurteilte ihn dann zum Tod am Kreuz. Elend

und unschuldig starb Jesus den Tod derer, die ein Staatsverbrechen begangen hatten.

Und wieder sieht man da so gar nichts von einem König, von einem Gottessohn und Erlöser. Da stirbt einer elender als ein Hund. Und wenn Maria tatsächlich unter dem Kreuz stand, wie es Johannes berichtet, dann war dieser Tod das krasseste Gegenteil zu Gabriels Ankündigung:“ Der wird gross sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott, der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird über das Haus Jakob ewig König sein.“ (Lukas 1,30b-33)

Da hing er nun und wurde zertreten wie ein Wurm, verachtet und für Dreck geachtet, der Sohn des Allerhöchsten.

So vielen Menschen ergeht es auch so ähnlich in ihrem Leben. Sie mühen sich ab und schuften ein Leben lang und am Ende fehlt der Dank. Sie bekommen keine Achtung und keine Anerkennung. Ihr Leben wird wie nichts geachtet.

Das Kind in der Krippe und der Mann am Kreuz ist an ihrer Seite, ist mitten drin in ihrem Leben. Gott ist durch seinen König aus der Krippe mittendrin in ihrem Leben und achtet es wert und taucht es in den Königsglanz derer, die Gottes Kinder sein dürfen.

Darum singen wir o du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit, weil das Kind in der Krippe und der Mann am Kreuz unser Herr und Heiland Jesus Christus wirklich Gottes König ist! Verborgen unter dem krassen Gegenteil von Armseligkeit und Misserfolg  ist er Gottes ganze Liebe in Person. Und diese Liebe allein, die rettet uns, macht heil, was uns weh tut, vergibt, was uns schmerzt, trocknet die Tränen, die wir manchmal hinunterschlucken, damit ja niemand merkt, wie es uns wirklich geht. Der gute Hirte, der König Gottes weiss es aber und er weiss auch den Trost, den wir brauchen. Ich will euch heute Mut machen, der Liebe des guten Hirten zu vertrauen und ihm vielleicht hier noch in der Kirche und bevor ihr nach Hause geht in der Herzensstille zu sagen, was euer grösster Kummer ist. Dann lasst ihn hier bei ihm in der Krippe liegen, und vertraut drauf, dass er euch Hilfe schickt.

 

AMEN

 

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