Predigt zum Sonntag Jubilate zur Einweihung des neuen Kirchenraumes in Görwihl am 21.4.2013 über Joh. 15,5

Christus spricht:
„Ich bin der Weinstock, und ihr seid die Reben.
Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.
Denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“

 

 

Liebe Gemeinde,

das ist ja interessant!

Jesus redet vom Bleiben!

Das sind ja nun ganz ungewöhnliche Töne in der Kirche!

Da werden wir doch ständig zur Beweglichkeit ermahnt.

Aufbrechen sollen wir.

Und loslassen sollen wir.

Das „wandernde Gottesvolk“ seien wir, so wird uns gesagt, was immer das auch heißen soll.

Den „neuen Wegen“ sollen wir vertrauen.

„Wer aufbricht, der kann hoffen“, verheißt uns das Gesangbuchlied.

Wer nicht aufbrechen mag, hat also scheinbar nix zu hoffen..

Aber siehe da:  Jesus spricht vom Bleiben!

Das tut uns gradewegs mal gut.

Denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

Bewegung ist sicherlich gesund, keine Frage.

Und wir gehen vielleicht auch gern Wandern oder Schwimmen oder Fahrrad fahren.

Und doch sind wir rechtschaffen gern unbeweglich, wenn es um unsere Gewohnheiten geht.

Morgens keinen Kaffee? Das geht GAR nicht.

Oder der Zeitungsbote ist im Schnee stecken geblieben und es gibt keine Zeitung zum Frühstück! Katastrophe!

Wie soll man da den Tag beginnen?

Viele Menschen sitzen in ihrem Lieblingslokal gern immer im selben Eckle, und schon manches Verkehrsbüro hat Medaillen vergeben, weil jemand zum 50.Mal am selben Ort Urlaub machte.

Es ist ja auch schön. Man kennt die Wege und weiß wo es lang geht.

Ist es nicht auch in der Kirche oft so?

Da haben manche ihr Plätzle, wo sie schon immer saßen.

Warum denn auch nicht? Es ist ja auch was Schönes, was Heimatliches, so ein Stammplatz. „Hier bin ich und hier bleib ich“.

Wie schön, dass kein Geringerer als Jesus uns auch zum Bleiben auffordert.

Jetzt denken Sie vielleicht: Bin ich gerade im falschen Film?

Das sagt ausgerechnet die Frau Vogel?

Die mit dafür verantwortlich ist, dass erst die Kirche und dann die Räume im Gemeindehaus aufgegeben werden mussten?

Haben Sie sich hier in Görwihl nicht gerade sehr beweglich zeigen müssen? Nicht nur räumlich!

Auch der Verbund mit Herrischried wurde gelöst, eine neue Verbindung mit Albbruck wurde geschaffen.

Und da redet sie über das Bleiben?

Na, toll! Wie passt denn das zusammen?

 

Nun, ich meine, es passt gut.

Denn Jesus sagt nicht nur, wir sollen bleiben.

Er sagt uns, wo wir bleiben sollen: Nämlich „in ihm“.

Es geht ihm darum, dass wir mit ihm verbunden sind.

So, dass unser Leben von ihm Saft und Kraft bekommt.

Stellen Sie sich mal vor, eine Rebe wäre vom Weinstock abgebrochen oder abgeschnitten.

Da kann kein Saft mehr fließen.

Deswegen sagt Jesus: Ohne mich könnt ihr nichts tun.

Natürlich können wir!

Die ganze Welt tut tagtäglich tausend Dinge ohne ihn.

Aber Jesus meint hier nicht irgendwas, was wir tun.

Er meint das,  was Frucht ist unseres Glaubens.

Die erbringen wir nicht aus uns selbst.

Die sehen wir selbst meistens gar nicht.

Die sehen und ernten eher andere.

Die Früchte des Glaubens stellen sich automatisch ein,

wenn wir mit dem Weinstock Jesus verbunden sind.

„Der bringt viel Frucht“, sagt Jesus.

Das ist eine Zusage, eine Verheißung.

Nicht etwa eine Forderung.

So mit Christus verbunden zu bleiben, das macht uns zur Gemeinde.

Dann ist der äußere Ort, an dem wir uns treffen, zweitrangig.

Wichtig ist, dass wir uns treffen.

Wichtig ist, dass wir miteinander beten.

Und singen.

Und auf Gottes Wort hören.

Und Gäste sind an seinem Tisch.

Wichtig ist, dass wir den Segen empfangen für die neue Woche,

damit wir wieder durchhalten.

Mit Christus verbunden sein, das ist es.

Nun möchte ich noch auf einen kleinen und doch so wichtigen Unterschied hinweisen.

Stellen Sie sich mal vor, man würde eine abgeschnittene Rebwelle einfach an den Weinstock anbinden.

Ein Stückchen Schnur, zweimal rumgewickelt, Knoten, fertig.

Wir wissen genau: Das geht nicht. Da fließt kein Saft.

Die Rebe muss nicht angebunden sein, sie muss verbunden sein.

Ich denke, so ist es mit Jesus Christus auch.

Viele Menschen wollen angebunden sein an ihn.

Sie wollen dazugehören zur Kirche.

Das ist schön.

Sie zahlen ihre Kirchensteuer, und dafür sind wir dankbar.

Sie möchten kirchlich heiraten, weil sie spüren:

Gottes Segen ist wichtig für so ein großes Versprechen.

Sie möchten ihre Kinder taufen lassen, weil sie auch da spüren:

Das ist gut für unser Kind!

Konfirmandenunterricht und Konfirmation soll es geben, und auch einmal eine kirchliche Beerdigung.

Ich finde es schön, dass es auch heute viele Menschen gibt, die angebunden sein möchten.

Durch diese Anbindung gibt es im Laufe der Jahre viele Blätter.

Manche sind schon etwas welk geworden.

Kennen Sie die Blätter?

Eine Taufurkunde, eine Konfirmationsurkunde,

eine Spendenquittung, ein Steuerbeleg.

Blätter über Blätter gibt’s in unserer Kirche.

Und doch würde ich diesen so treu angebundenen Menschen wünschen, dass sie für sich noch mehr entdecken.

dass sie nicht nur Blätter des Glaubens erbringen,

sondern dass Früchte wachsen,

weil sie mit Jesus Christus verbunden sind.

Wie geschieht das?

So, wie ich es vorhin sagte.

Im gemeinsamen Beten, Singen, Loben, Hören, Feiern.

Dadurch, dass wir mit Jesus rechnen in unserem Alltag.

Dass wir ihn suchen im Gebet.

Dass wir mit ihm ringen, wenn wir zweifeln.

Dass wir ihn bitten, er möge uns leiten.

Und nicht zuletzt: Dass wir seiner Vergebung trauen und aufgerichtete, frohe und freie Menschen werden.

Bleiben in ihm.

Das macht dann auch äußerlich beweglich.

In der engen Bindung an Christus kann eine Gemeinde Gebäude wechseln, wenn es sein muss, jeden Tag.

Denn alles vergeht.

Menschen kommen und gehen. Häuser werden gebaut und abgerissen.

Aber unser Herr bleibt.

Amen

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