Predigt zu Hebräer 1,1-4 am 26. Dezember 2015

Gnade sei mit Euch und Friede, von Gott, unserem Vater und von unserem Herrn, Jesus Christus. AMEN

Text: Hebräer 1,1-4

Liebe Gemeinde,

heute haben wir in der Schriftlesung gehört, wie dem alten Simeon ein Licht aufgeht, als Maria und Josef mit dem Jesuskind in den Tempel kommen. Simeon sieht das kleine Bündel und ruft aus: Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, den Trost Israels, den verheißenen Messias, - Gott mitten unter den Menschen.

Das ist so gewesen, wie wenn wir in einen Kinderwagen schauen und erstaunt ausrufen: Ganz der Vater! Weil uns, so kann es geschehen, aus den Augen und dem Gesicht eines kleinen Kindes sein Papa anguckt. So scheint es dem alten Simeon ergangen zu sein. Mein Gott! Aus diesem Kindergesicht schaust Du selber mich an! Gott als kleines Kind auf dem Arm einer jungen Frau! Simeon erkennt, hellsichtig gemacht durch Gottes Geist, dass das Jesuskind Gottes Ebenbild ist und seinen Glanz und seine Herrlichkeit ausstrahlt. Simeon sieht im Geist, was aus diesem Kind werden wird. Manch einer hat vielleicht gar nichts gesehen. Bestimmt haben die allermeisten von diesem Glanz und der Herrlichkeit Gottes nichts wahrgenommen, damals schon nicht und wie ist das denn heute? Haben wir den Glanz Gottes gespürt in diesen weihnachtlichen Tagen? Hat uns die gute Nachricht von der Ankunft Gottes mitten unter uns ergriffen und berührt, oder sind wir leer geblieben, mitten im Überfluss? Das ist manchmal so, dass wir leer bleiben, weil unsere Seele schon vor dem Fest zu müde ist, um noch irgendetwas zu spüren. Aber heute ist Weihnachten. Heute lasst eure Seele baumeln und beginnt, das Fest zu spüren!

Wir fangen langsam mit dem Spüren an!

Ich staune über die Hirten, die Gottes Herrlichkeit in einem Stall, zwischen Tieren und Stroh in einer Futterkrippe erkannt haben. Ob mir das gelungen wäre oder ob es mir nicht fein genug gewesen wäre für das, was ich mir unter Gott vorstelle? Könnten wir Gott heute wahrnehmen, wenn er drüben in den Containern unserer Flüchtlinge zur Welt käme, heute und jetzt? Wollten wir dort den Glanz und die Herrlichkeit Gottes überhaupt erkennen?

Die Hirten beten an, die Weisen beten an und nun tut es Simeon. Und unser Predigttext tut es auch. Er ist eine einzige Rühmung und ein Lobpreis Gottes! Und solche Rühmung und Anbetung Gottes ist das einzig Angemessene für das Geheimnis von Weihnachten. Geheimnisse soll man ja bekanntlich nicht dadurch zerstören, dass man sie zu lüften versucht. Und das will ich heute Morgen auch gar nicht versuchen, aber ich will versuchen, euch das Geheimnis zu beschreiben. Einer meiner theologischen Lehrer hat ein Buch geschrieben mit dem Titel: Gott als Geheimnis der Welt. Da ahnt ihr schon, dass wir das Geheimnis gar nicht schlussendlich aufdecken können. Die Geheimnisse Gottes soll man anbeten. Das allein ist angemessen und ist die rechte Demut derer, die wissen, dass sie nicht schlauer als Gott sein können und dass sie das auch nicht müssen. Seht ihr, damit fängt das Geheimnis an, dass Gott schon vorzeiten mit vielen Menschen über sein Vorhaben, einen Retter zu schicken geredet hat. Da war aus den Erzväter der Abraham so ein Gesprächspartner Gottes: Dem hat Gott angekündigt: In dir und deinen Nachkommen sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden. Wahrscheinich konnte Abraham sich das gar nicht erklären, was das bedeuten sollte. Wir heute wissen, dass Abraham ein Vorfahre der Familie war, in die Jesus hineingeboren wurde. Der Evangelist Matthäus beginnt denn auch den Stammbaum Jesu mit Abraham. Und viel später dann sprach Gott  zu dem Propheten Jesaja Worte, die sich uns Christen von Jesus her erschlossen haben: Zum Beispiel diese: „Das Volk, das im Finstern wandelt sieht ein Großes Licht! Und über denen, die da wohnen im Todschattental scheint es hell…Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Und er heißt: Wunderrat, Gott-Held, Ewigvater, Friedefürst auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids.“ Jesaja kündigt einen Friedenskönig an. Die Menschen beginnen auf ihn zu warten und sie warten mehrere  hundert Jahre lang. Der Prophet Micha schließlich bekommt den Ort der Ankunft des Retters mitgeteilt:“ Und du Bethlehem, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“ (Micha 5,1) Das klingt sehr geheimnisvoll und ich denke mir so, die Menschen, die dem Propheten Micha zugehört haben, damals , lange vor Jesu Geburt, die konnten sich nicht im Entferntesten denken, was das bedeuten sollte, einer der von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist? Auf wen konnte das zutreffen, doch eigentlich nur auf Gott selber! Aber weshalb und warum sollte Gott aus Bethlehem kommen?

Wir kennen freilich die Geschichte von der Geburt Jesu in Bethlehem. Wir wissen, dass der Retter Jesus heißt. Aber ob wir das wirklich begreifen können, was uns da geschehen ist mit seiner Geburt? Man merkt es dem Verfasser unseres Predigttextes an, dass er sich ungeheuer bemüht, angemessene Worte für das Geheimnis von Weihnachten zu finden. Er überlegt sich: Wenn in Jesus Christus Gott selber Fleisch und Blut angenommen hat, dann muss dieser Jesus schon vor aller Zeit bei Gott gewesen sein, ja dann gibt es Jesus schon immer und von Ewigkeit her, wie Gott selber auch und dann ist es nämlich tatsächlich so, dass er bei seiner Geburt seine himmlische Herrlichkeit und Unsterblichkeit eingetauscht hat gegen sterbliches Fleisch und Blut und den Tod sterben musste wie wir auch. Dabei war ER ganz der Vater! Gottes Liebe strahlte durch ihn auf, wohin er kam. Gottes Schöpfermacht blitzte immer wieder durch, als er dem Sturm auf dem See gebot und der gehorchen musste, als er 5000 Menschen satt machte mit 5 Broten und zwei Fischen, oder wenn er Krankheiten gebot zu verschwinden, die damals kein Arzt heilen konnte. Ja, Jesus ist ganz der Vater, der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und er trägt das Weltall, die ganze Schöpfung durch sein machtvolles Wort! Sei sehend! Und ein Blinder sieht! Sei rein! Und ein Leprakranker ist heil. Jüngling, ich sage dir, steh auf! Und ein Toter lebt wieder! Gottes Schöpfermacht ist in Jesus ganz da und sie allein kann zerstörtes und verfahrenes, schuldiges Leben wieder in Ordnung zu bringen. Erinnert ihr euch, wie Jesus den Lahmen geheilt hat, den ihm seine vier Freunde durchs Dach hinabließen, direkt ins Wohnzimmer, Jesus vor die Füße? Da sieht Jesus den Gelähmten an und sieht, was den eigentlich lähmt in seinem Leben: Nicht vergebene Schuld nämlich! Lasten, die er mit sich herumschleppte, bis sie ihn gelähmt haben. Ich denke, ihr kennt das, wenn man nachts aufwacht, weil man davon geträumt hat, was man in seinem Leben anders hätte machen sollen, wenn einen Versäumtes einholt, was nicht wieder gut zu machen geht, weil die Personen, denen wir etwas schuldig geblieben sind, nicht mehr leben oder weil die Beziehung mit noch Lebenden so verkorkst ist, dass wir völlig entzweit sind und die Familiengeschichte einen Bruch erlitten hat. Jeder seelisch gesunde Mensch weiß, wie sich das anfühlt, wenn man schuldig wird. Das Wort nehmen wir heute aber nur ungern in den Mund. Manchmal meinen wir sogar, damit könnten wir ganz alleine fertig werden. Aber das ist ein Trugschluss. Schuld holt Menschen immer wieder ein und macht sogar krank, weil sie viel zu viele Kräfte abzieht und Leben hindert, wenn sie nicht vergeben und bereinigt ist. Nun steht es da in unserem Predigttext: Genau deswegen hat Gott seinen Sohn Mensch werden lassen, um das zu tun, was wir nicht können: die Reinigung von den Sünden vollbringen. So steht über der Krippe von Anfang an schon das Kreuz. Dort wird Jesus sterben, der, der das All und alle Welt zusammenhält, um das Böse zu entmachten und uns zu erlösen. Das können wir nämlich nicht selber, das gilt es in aller Demut anzuerkennen. Jesus aber kann, was kein Psychologe und kein Psychotherapeut fertigbringt: Er kann Schuld vergeben, so dass sie ausgelöscht ist, wie wenn ich ein Blatt Papier ins Feuer halte und verbrenne. Und das Leben kann neu beginnen. Nicht dass plötzlich all meine verkorksten Beziehungen wieder in Ordnung wären, aber so, dass ich mich nicht mehr dafür hassen muss, sondern vor Gott und mir selber wieder leben kann und weiß, dass ich leben darf und mich freuen! Und wer weiß, mit meinem anderen Selbstwertgefühl kann ich vielleicht auch wieder auf die Menschen aus meiner Vergangenheit zugehen und schwere Lasten endlich beseitigen, auch bei andern.

Viele Menschen heute haben Schwierigkeiten, sich die Vergebung Jesu gefallen zu lassen. Der soziale Jesus ist einfacher zu verstehen, der Tue - Gutes Jesus, der Nächstenliebe-Jesus, gegen den hat kaum jemand etwas. Der ist ziemlich anerkannt und liegt im Trend der Zeit. Aber dass Jesus einer ist, der meiner Schuld ans Leder will, weil er das nötig findet, diesen Jesus haben wir nicht so gern. “Ich hab doch keiner Fliege was zuleide getan in meinem Leben!“ Diesen Satz höre ich ganz oft in Gesprächen, er steckt in uns allen.

Ob wir nicht einfach dieses Geheimnis stehen lassen können, dass Gottes Wort uns sagt: Es ist nötig, dass dir deine Schuld vergeben wird, so nötig, dass Gottes Sohn deswegen Mensch geworden ist! Jesus ist gekommen, um die Machenschaften des Teufels zu zerstören. Das war ihm so wichtig, dass er seine Herrlichkeit bei Gott verlassen hat und ein wehrloses Menschenkind wurde, das unter allen Belastungen des Lebens die Liebe zu Gott und den Menschen durchgehalten hat bis zum Tod am Kreuz. Das kann man nicht erklären oder mit dem Verstand auseinandernehmen. Darauf kann man sich nur mit ganzem Herzen einlassen und darüber Gott loben. Stellt euch das doch vor in unserer Zeit, wo die Machenschaften des Bösen wahrhaftig überhand nehmen und kein Politiker mehr in der Lage ist, auch nur die Lage in Syrien zu klären, geschweige denn den ganzen Filz des Bösen auf der Welt, da erklärt unser Predigttext einfach und schlicht: Das Böse hat ausgespielt, Christus sitzt im Regiment, direkt rechter Hand bei Gott selber und trägt das ganze All durch sein mächtiges Wort. Das einstige Krippenkind ist zum Weltenherrscher geworden. Wie ist Gott das Geheimnis der Welt und ihrer Geschichte? Noch können wir den Graben, der zwischen dem Zustand der Welt und den Verheißungen Gottes in seinem Wort klafft mit gar nichts überbrücken. Nicht mit unserem Verstand, nicht mit unserem Wissen. Wir erkennen mit menschlichem Auge nicht, dass Christus der Weltherrscher sein soll. Aber der Glaube vermag zu spüren, dass da wirklich einer ist, der die Welt nicht sich selber überlässt, sondern sie trägt und erhält, gerade dadurch dass Christus Mensch wurde mitten drin. So bleibt Gott das Geheimnis der Welt und ihrer Geschichte und darum ist ausgemacht, dass ein gutes Ende wird. Lasst uns loben!

AMEN

 

 

 

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