Predigt zu Matthäus 21,1-11 am 1. Advent 2018

Text: Matthäus 21,1-11

Liebe Gemeinde,

Wer ist der? So fragen die Leute in Jerusalem, als Jesus auf einem Eselsfüllen in die Stadt einreitet. Wer ist dieser Jesus?

Wer ist dieser Mann aus Nazareth? Was würden Du heute Morgen sagen? Wer ist Jesus für Dich?

Advent feiert seine Ankunft. Aber wer ist denn der, den wir erwarten? Wer ist der, den wir haben wollen? Und ist es derselbe, von dem hier in der Bibel erzählt wird? Wie ist Jesus? Wer ist er denn? Was sehen wir da vor unseren Augen, wenn wir den Predigttext ins Bild zu setzen versuchen?

Kommt ihr mit mir nach Jerusalem? Ich will mich mit Euch allen heute Morgen unter die Leute mischen, die damals dabei waren!

Wir sind jetzt hier in Betfage, circa zwei Stunden Fußweg entfernt von Jerusalem. Ich sehe dort drüben Petrus stehen und Johannes, zwei Jünger von Jesus. Die sind ziemlich aufgeregt. Was sollen wir tun, Meister? Ist das dein Ernst? Einfach einen Esel losbinden und mitnehmen? Das kannst Du doch nicht machen! Was wird der Bauer sagen? Der wird sich das kaum gefallen lassen.

Doch, wird er. Sagt ihm einfach: Der Herr braucht ihn! Jeder Widerspruch wäre jetzt zwecklos. Die beiden kennen Jesus. Er weiß immer, was er tut. Diesen Auftrag werden sie ausführen müssen. Wer ist er denn, ihr Meister, dass er sich das erlaubt? Wer kann den sowas machen? Da murmelt Johannes ganz in Gedanken vor sich hin: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“ Das hat mein Großvater immer gesagt. Jedesmal wenn er traurig werden wollt und wenn er gelitten hat an der Welt wie sie ist, dann hat er sich dieses Wort des Propheten Sacharja selbst vorgesagt, zum Trost, zur Hoffnung. Der Messias wird kommen, eines Tages und dann wird alles gut. Gerechtigkeit und Friede werden sich küssen und Gottes Heiland wird uns helfen, einem jeden von uns, dass Leben heil wird und voller Sinn. Wenn der Messias kommt…

Die beiden sehen sich an! Der Messias!

Wer ist der? Ist Jesus, ihr Meister etwa der Messias?

Sie gehen den Esel holen. Schweigend legen sie ihre Mäntel darauf. Sie wissen, was sich für den Messias gehört, für den König Gottes. Und tatsächlich! Jesus setzt sich auf den Esel und reitet auf Jerusalem zu.

Wer ist der?

Die Menschen, die das mitbekommen, merken auf! Was ist da los? Da reitet einer auf einem Esel Richtung Jerusalem? Was hat das zu bedeuten? Und wie auf ein unsichtbares Kommando hin scheint ihnen allen klar zu sein, wer der ist, der da auf dem Esel reitet! Der Messias Gottes, sein Heiland. Zwei Blinde, die er in Jericho geheilt hat, die laufen mit in der Menge und andere auch, die seine Hilfe erfahren haben. Für sie ist klar: Der ist Gottes Heiland, er ist der, von dem gesagt ist, dass er Blinde sehend, Gelähmte gehend, Taube hörend und Stumme reden macht.

Und da wollen Sie ihm Guts tun und legen vor ihm ihre Mäntel auf den Weg und hauen Palmzweige von den Bäumen um den Weg des Messias königlich zu schmücken. Und sie rufen auf Hebräisch: Hoschianah – das ist eigentlich kein Jubelruf, sondern ein HILFERUF! Hilf uns doch! Hilf uns doch! So als wollten sie alle sagen: Du bist der Einzige, der uns wirklich helfen kann. Du bist Gottes Heiland, unser Retter. Und so wird dieser Hilferuf zum HEILIGEN HURRA! Sie haben die richtige Adresse gefunden, an die man sich wenden kann, wenn man Hilfe braucht! Sie wissen, wer der ist, der da kommt! Es ist der Nachkomme des Königs David, von langer Hand versprochen von Gott! In diesem wird Davids Königtum ewig Bestand haben.

So rufen sie ihr Hoschianah und alle stimmen mit ein, Alte und Junge, Kinder und Erwachsene, Gesunde und Kranke, psychisch Kranke, schuldig Gewordene, die Außenseiter der Gesellschaft, und die Asozialen. Möglicherweise war das gar nicht so nach unserem Geschmack, die Gesellschaft, die Jesus da folgte. Vielleicht würden wir uns zu denen gar nicht rechnen wollen. Aber jetzt bleiben wir trotzdem mal dort, in dieser Menge und ich ertappe mich dabei wie ich einstimme in das HEILIGE HURRA! Jesus, komm, hilf mir doch! Du bist der Einzige, dem ich das zutraue, dass bei mir Freude einkehrt, dass ich mein Leben wieder leben kann und mich nicht einfach nur leben lasse. Du bist der Einzige, der mich wirklich erden kann, der mich zu mir selber bringen kann. Du bist der Herr! Du machst mich heil.

Und da höre ich auch schon die Psychologen sagen: Sie haben die Verantwortung für sich selber. Sie müssen sich selbst gut managen, dass sie an Leib und Seele heil bleiben, Sport machen, gesund essen, genügend schlafen und sich nicht zu viel Stress machen. Immer bin ich für alles verantwortlich, auch dafür, wenn es mir schlecht geht. Das bekommen wir gesagt, innig und ständig und wissen doch insgeheim, dass das nicht die ganze Wahrheit ist, sondern dass es Dinge gibt, für die wir nichts können oder die wir zumindest nicht selbst wieder heil kriegen können. Und ich lasse es mir nicht verbieten, dass ich diesen Jesus brauche, der mich heilmachen kann. Ich kann es nämlich nicht und dazu stehe ich auch freimütig entgegen aller modernen Lebensphilosophie. Wer von uns kann denn mit seiner Schuld selbst fertigwerden? Wer mit dem Tod eines lieben Menschen? Da braucht es mehr als Selbstmanagement. Da brauche ich das HEILIGE HURRA, da muss ich doch schreien dürfen: Herr, hilf mir doch. Und Gott sei gelobt, dass du es tust im Namen des Herrn!

Wer ist der? Das fragen auch die Schriftgelehrten, die Priester und die ganze religiöse Obrigkeit in Jerusalem. Uns wird erzählt, dass Jesu Messiasritt auf dem Eselsfüllen bei ihnen so etwas wie ein stimmungsmäßiges Erdbeben ausgelöst hat. Schon wieder so ein Typ, der meint, er sei der Messias! Das fehlt uns grade noch. Wie ein Ruck ging das durch die ganze Stadt. Messianische Aufregung, wieder mal! Nur schauen, dass die römische Besatzungsmacht nicht gleich einen Aufstand wittert und nervös wird.

Wer ist der? fragen sich die Hohenpriester. Ein Aufrührer, einer, der uns den ganzen Glauben über den Haufen wirft? Einer, der den Sündern die Gottesgemeinschaft verspricht und die üblichen Verkaufsgewohnheiten im Tempel nicht mehr dulden will? Einer, der Tacheles redet und bis aufs Blut für die Wahrheit einstehen will. Aber mal ehrlich: Wer kann schon die ganze Wahrheit ertragen? Was alles so halb richtig ist an unserem Menschenleben. Wer könnte mit dieser Wahrheit überhaupt leben? Gott kann und er tut es. Und er bringt die Halbwahrheiten durch den Eselsreiter zu Ende und macht seine Liebe wahr und uns dann auch. Gott liebt alle Menschen und er will gerade das belastete Leben heilmachen! Die Priester sehen zu, wie „DIESER DA“ die Händler aus dem Tempel vertreibt und den religiös Unreinen, den Kranken und Gebrechlichen den Tempel als HEILRAUM öffnet. Gott scheut ihr Elend nicht. Jesus auch nicht. All dieses menschliche Elend bekommt seinen Platz im Heiligtum und erfährt dort Heilung. Und die Dreckspatzen, die Kinder von der Straße singen im Tempel wie die Großen das HEILIGE HURRA!

Soviel Menschliches und soviel Alltag verträgt der Glaube der religiösen Obrigkeiten dann doch nicht. Sie wollen Jesus zurechtweisen. Er aber lässt sie stehen und verlässt die Stadt.

Wer ist der? Heute für uns?

Er verbreitet keine Fakenews. Er täuscht auch nicht vor, einer zu sein, der er nicht ist. Er beansprucht keine Anerkennung, die ihm nicht zustünde und keine Macht, die er nicht ohnehin hat. Freilich, was die Schriftgelehrten und die Priester sehen können, das ist eine armselige Gestalt. Er macht nicht viel her, was sein Äußeres betrifft. Und wer weiß, was uns übrigbliebe, wenn wir die Ereignisse des irdischen Lebens Jesu so ansehen würden, wie sie tatsächlich waren, ganz ohne festlichen Pomp und weihnachtlich geschmückte Kirchen. Das alles kam viel später, weil die, die wissen, wer der ist und es glauben, dass er Gottes Sohn ist und der Heiland, weil die angefangen haben, ihn mit Gold und Glanz zu verzieren.

Wo wären wir damals gestanden an der Straße von Betfage nach Jerusalem? Bei den Jüngern, unter der Menge oder auf Seiten der Jerusalemer Obrigkeiten? Ich bin froh, dass ich damals nicht dabei war. Ich weiß nicht sicher, ob ich in dem armen Nazarener Gottes Sohn hätte sehen können.

Dass ich es jetzt kann, das ist nicht mein Verdienst, sondern die Güte Gottes, der mir seinen Sohn hat bezeugen lassen durch meine Mütter und Väter im Glauben. Und nun ist der Glaube da: Jesus Christus ist Gottes Sohn und mein Heiland in jeder Lebenslage. Er ist der, der mich heil macht.

Wer ist der? Wieder liegt ein Kirchenjahr vor uns mit 52 Sonntagen, an denen wir diese Frage durchbuchstabieren.

 

AMEN

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